Das Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“ hat einen Redebeitrag zur Demonstration am 8. März in Düsseldorf gehalten. Hier finden Sie die Audio-Datei zum Download (MP3, 3.6MB) sowie den Text im Wortlaut:
Deutschland und das Land NRW schieben mehr und mehr ab und immer häufiger werden Menschen im Vorfeld inhaftiert. Einziger Zweck des Freiheitsentzuges ist die Sicherstellung und Erleichterung der späteren Abschiebung. Die Anzahl der Haftplätze wird stetig erhöht. Es gibt bundesweit schon mehr als 850 Abschiebehaftplätze und weitere 320 sind in Planung oder Bau.
Auch das Land NRW plant ein weiteres Abschiebegefängnis. Der geplante Neubau mit 25 Plätzen soll als sogenannter „Ausreisegewahrsam“ dienen und das größte deutsche Abschiebegefängnis in Büren ergänzen. Inhaftierungen bis zu 10 Tage sind dann dort gesetzlich möglich. Ziel der Landes- und Bundesregierung ist es, mehr und effizienter abzuschieben. Ein Gefängnis in direkter Nähe zum zweitgrößten Abschiebeflughafen Deutschlands in Düsseldorf soll dies erleichtern. Bisher wird kaum öffentlich darüber diskutiert oder gar die Abschiebepolitik infrage gestellt.
Als Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“ sprechen wir uns entschieden dagegen aus. Wir wollen kein weiteres Abschiebegefängnis! Im Gegenteil: Abschiebehaft muss abgeschafft werden! Wir wenden uns gegen die aktuelle autoritäre und repressive Abschiebungspolitik und fordern eine gänzlich andere Politik gegenüber Menschen, die ihre Herkunftsländer verlassen mussten: Eine Politik des Willkommens und des Bleibens.
Jedes Jahr werden tausende Menschen hier in Deutschland gezwungen, ihren Wohnort zu verlassen – sie werden abgeschoben. Oft ist dies verbunden mit gewaltsamen Festnahmen, nächtlichen Einbrüchen, Abschiebehaft und anderen traumatisierenden Erlebnissen. Abschiebungen reißen Menschen aus ihrem Um-feld. Die ständige Angst vor Abschiebung führt zu schwerwiegenden, psychischen Erkrankungen. Eine lebenswerte Perspektive wird durch den ständigen Druck, den ein Leben ohne sicheren Aufenthalt bedeutet, aktiv verhindert.
Nach der Schließung 2011 des Abschiebegefängnisses für Frauen* in Neuss gibt es in NRW keine Abschiebehaftplätze speziell für Frauen*. Wollen die nordrhein-westfälischen Behörden Frauen vor der Abschiebung inhaftieren, werden diese nach Ingelheim in das Abschiebegefängnis mit insgesamt 40 Haftplätzen gebracht.
So auch Sevine Muradi: gebürtig aus Aserbaidschan und Mutter dreier Kinder, lebt sie im Kreis Siegen-Wittgenstein. Sie wurde am 11.Februar diesen Jahres beim Versuch, eine Ausbildungsduldung zu beantragen, verhaftet und nach Ingelheim ins Gefängnis gebracht. Nachdem es breiten öffentlichen Protest von Freund*innen und Unterstützer*innen gab, hat NRW Flüchtlingsminister Stamp die Prüfung des Abschiebevollzuges in seine Zuständigkeit gezogen. Jetzt ist Sevine Muradi vorerst wieder auf freiem Fuß, ihr Fall liegt beim Petitionsausschuss des NRW-Landtags, seine Entscheidung ist ungewiss.
Die Isolation in der Haft ist für die Inhaftierten eine besondere und unzumutbare Härte. Oft sind sie vor Krieg, Verfolgung und Gewalt geflüchtet und haben traumatische Erlebnisse hinter sich. Sie kommen nach Deutschland um Schutz zu finden und werden stattdessen wie Verbrecher*innen behandelt. Wir aber sagen: Flucht ist kein Verbrechen.
In einer Haftanstalt des sogenannten Ausreisegewahrsams, wie sie nun in Düsseldorf entstehen soll, dürfen in Ausnahmefällen sogar Familien mit Kindern inhaftiert werden. Die Beschränkung (Zitat) „wie es unter Berücksichtigung des Kindeswohls angemessen ist“ ist zynisch. Inhaftierung ist für Kinder niemals angemessen.
Abschiebehaft als Teil der europäischen Asylpolitik ist eine rassistische Praxis. Für die Behörden ist die Inhaftierung „nur“ eine Verwaltungsmaßnahme, auf die die Abschiebung in die Herkunftsländer oder andere EU-Staaten folgt. Für die Betroffenen bedeutet es soziale Isolation, keine Beratung, Re-Traumatisierung und Angst vor der erzwungenen Rückkehr in ein Land, in dem das weitere Leben völlig ungewiss ist.
Abschiebehaft ist eine Menschenrechtsverletzung.
Abschiebung ist lebensgefährlich.
Aber Abschiebungen können auch verhindert werden. Wir können unsere Räume für die von Abschiebung bedrohten Menschen öffnen und zusammen gegen die rassistische Asyl- und Migrationspolitik kämpfen.
Das Bündnis „Abschiebegefängnis verhindern – in Düsseldorf und überall“ lehnt Abschiebungen und die Planung eines weiteren Abschiebegefängnisses am Düsseldorfer Flughafen kategorisch ab. Wir kritisieren die Abschiebepolitik der Bundes- und Landesregierung und fordern ein Bleiberecht für Alle.
Feminismus muss antirassistisch sein! Feminismus muss intersektional sein!
In den nächsten Monaten werden verschiedene Aktionen und Veranstaltung gegen das geplante Abschiebegefängnis und gegen Abschiebungen stattfinden.
Gruppen, die sich dem Aufruf gegen das Abschiebegefängnis anschließen wollen, können gerne über die FAD, über STAY! oder über das RefugeeSupport-Projekt der HS Düsseldorf Kontakt aufnehmen.
Vielen Dank!